Wie kann sich der Patient vor Abzocke beim Arzt schützen?
Die Diskussion um die Rechte von Patienten hat ihre Wurzeln bereits in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Patientenrechte waren bis vor wenigen Jahren nicht in einem einheitlichen Gesetz geregelt. Vielmehr wurden diese aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abgeleitet.
Die jahrzehntelangen Diskussionen um eine einheitliche Kodifizierung der Patientenrechte mündeten in der Verabschiedung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (das so genannte Patientenrechtegesetz), welches 2013 in Kraft getreten ist. Im Nachfolgenden soll ein Überblick über Entstehung, Ziele und die wesentlichen Regelungen dieses Gesetzes gegeben werden.
Das Patientenrechtegesetz enthält wichtige Regelungen für Ärzte und Patienten.
Die Vorschriften über den Behandlungsvertrag regeln die Rechte und Pflichten der beteiligten Akteure, also von Patienten und Behandlern, wobei das Gesetz mit letzteren neben Ärzten auch die Angehörigen der Gesundheitsberufe wie Heilpraktiker, Hebammen und Entbindungspfleger sowie Masseure meint. Daneben enthält das Gesetz diverse Änderungen des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches, der Patientenbeteiligungsverordnung und des Krankenhausfinanzierungsgesetzes.
Inhaltlich regelt das Gesetz erstmals systematisch den Behandlungsvertrag im Zusammenhang mit dem Dienstvertrag. Der Behandler ist zur medizinischen Behandlung des Patienten und dieser zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Zugleich wird klargestellt, dass der Behandler – von seltenen Ausnahmen abgesehen – dem Patienten nicht den Heilerfolg, sondern lediglich die fachgerechte Bemühung um die Heilung schuldet, wobei die Behandlung nach „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ zu erfolgen hat, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
Daneben werden erstmals die Informationspflichten der Behandler geregelt. Zu Beginn der Behandlung ist dem Patienten eine verständliche Erläuterung hierüber zu geben. Der Arzt muss den Patienten auf Nachfrage sogar über Umstände aufklären, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen.
Der Arzt hat im Rahmen seiner Informationspflicht den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten, die dieser ganz oder als Eigenanteil (etwa beim Zahnersatz) selbst zu tragen hat, schriftlich aufklären.
Hierunter fallen insbesondere auch sogenannte IGeL-Leistungen (individuelle Gesundheitsleistungen), mit denen Patienten bisweilen abgezockt werden und deren Nutzen bisweilen zweifelhaft ist. Das sind Leistungen, die nicht Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung sind, die aber sinnvoll oder nützlich sein können wie z. B. eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung bei einer Nicht-Risiko-Schwangerschaft, Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung, PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs, Augeninnendruck-Messung zur Früherkennung des „grünen Stars“ (Glaukoms) und die „Professionelle Zahnreinigung“.
Vom Arzt werden solche Leistungen oftmals angeboten und erfolgen dann auf Wunsch des Patienten. Es handelt sich dann um eine privatärztliche Leistung.
Herr Rechtsanwalt René Huy der Kanzlei Roth | Rechtsanwälte, Saarbrücken, empfiehlt Patienten, um sich davor zu schützen, mit Nutzen und Bezahlung der Rechnung über den Tisch gezogen zu werden, bei IGeL-Leistungen auf die Einhaltung folgender Grundsätze achten:
1.
Der Arzt muss den Patienten über Nutzen und Kosten der Leistung aufklären.
2.
Der Arzt muss dem Patienten die freie Entscheidung über die Inanspruchnahme solcher Wunschleistungen lassen und darf ihn nicht hierzu drängen.
3.
Ein Pauschal- oder Erfolgshonorar ist unzulässig. Vielmehr ist dem Patienten eine ordnungsgemäße Rechnung nach den Grundsätzen der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu erstellen.
4.
Ferner ist eine schriftliche Einwilligungserklärung des Patienten vor Behandlungsbeginn nach schriftlicher Aufklärung über die Kosten auf den konkreten Einzelfall bezogen erforderlich.
Hierbei sind die zu erbringenden Einzelleistungen unter Angabe der GÖÄ-Ziffer bzw. Analogziffer und des Steigerungssatzes aufzulisten, der voraussichtliche Endbetrag ist anzugeben, die Erklärungen, dass die Behandlung auf Patientenwunsch erfolgt ist und der Patient darüber aufgeklärt wurde, dass die Behandlung nicht Bestandteil der Versorgung durch die Krankenkasse ist und er die Leistungen nicht bei der Kasse geltend machen kann, müssen vorliegen.
Das Patientenrechtegesetz enthält ferner detaillierte Regelungen zur Einwilligung des Patienten vor einer Operation oder Behandlung, zu den Aufklärungspflichten des Arztes, den Anforderungen an die Behandlungsdokumentation, dem Recht auf Einsichtnahme in die Patientenakte sowie zur Beweislast bei Behandlungs- und Aufklärungsfehlern.
Bei Fragen und Problemen in komplexen, medizinrechtlichen Fällen ist die Beratung oder Einschaltung eines auf diesem Gebiet spezialisierten Rechtsanwalts dringend zu empfehlen. Herr Rechtsanwalt Huy hat sich in Versicherungsrechtsfragen und Arzthaftungsfragen/Medizinrechtsfragen spezialisiert und betreut Mandanten in allen Bereichen des Arzthaftungsrechts, nachdem er zuvor über zehn Jahre in der Prozessgruppe eines Versicherungskonzerns tätig war.
René Huy
Rechtsanwalt