Arbeitgeber und Arbeitnehmer beschäftigt häufig das Problem des Urlaubs.
Wann darf ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer beantragten Urlaub verweigern, wie muss er ihm Urlaub gewähren? Was geschieht, wenn der Mitarbeiter längere Zeit krank ist? Was geschieht mit Urlaub, der vor Jahresende nicht genommen wurde? Urlaubsansprüche regelt vorrangig das Bundesurlaubsgesetz. Daneben ergeben sich Urlaubsansprüche aus dem Arbeitsvertrag und können sich Ansprüche aus dem Tarifvertrag ergeben.
Arbeitnehmer dürfen ihren kompletten Jahresurlaub bereits im ersten Halbjahr nehmen, selbst wenn der Arbeitgeber dabei Gefahr läuft, dass der Arbeitnehmer während des laufenden Jahres bei ihm ausscheidet. Auch darf der Arbeitgeber zuviel geleisteten Urlaub nicht zurückverlangen, insbesondere durch Gehaltsverrechnungen. Besonders hohe Wellen hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20.01.2009 geschlagen, wonach Urlaubsansprüche, die der Arbeitnehmer nicht persönlich nehmen kann, weil er krank ist, nicht verfallen können. Diese als „Schulz-Hoff“ bekannt gewordene Entscheidung des EuGH stellte die Urlaubspraxis in Deutschland völlig auf den Kopf. Arbeitnehmer machten nun lange zurückliegenden Urlaub geltend und Arbeitgeber waren völlig verunsichert.
Aus Sicht aller Betroffenen gibt es hier Klarheit. Der EuGH hat nämlich in einer neueren Entscheidung vom 22.11.2011 einen Riegel vor eine zeitlich unbegrenzte Ansammlung von Urlaubsansprüchen geschoben. Danach kann ein Arbeitnehmer, der beispielsweise 2 Jahre am Stück krank war, nur einen Teil dieses Urlaubes nachverlangen. Ein anderer Teil ist dann verfallen. Maßgeblich für die Entscheidung, welcher Urlaub noch zu gewähren ist und welcher Urlaub verfallen ist, ist das Kalenderjahr. Nehmen wir mal das Beispiel, dass Herr Kurz vom 10.01.2016 bis zum 20.06.2018 ununterbrochen krank war. Dann kann er nach der neuen Entscheidung des EuGH den Urlaub aus 2016 nicht mehr in Anspruch nehmen, allerdings den Urlaub aus 2017 vollständig und selbstverständlich auch den Urlaub aus 2018.
Weiter ist vom EuGH neuerdings entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers verfallen. Die Erben können diesen „Resturlaub“ in Geld vom Arbeitgeber verlangen.
Weiter gilt, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden muss. Eine Übertragung ist nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber den beantragten Urlaub im alten Jahr nicht gewährt oder dies vertraglich oder tarifrechtlich vorgesehen ist. Der Arbeitgeber sollte nachweisbar auf Urlaubsnahme im Kalenderjahr drängen, sonst kann alter Urlaub auch als Entschädigung in Geld nachgefordert werden, so der EuGH im Jahre 2018.
Marwin H. Roth
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Erbrecht