Zum Erben wird man entweder durch gesetzliche Erbfolge ggf. mit anderen Personen oder aber auch durch ein Testament. Der Erbe tritt in die Rechtsposition des Verstorbenen ein. Er hat folglich die Ansprüche, die der Verstorbene gegenüber Dritten hat, er hat natürlich auch die Verpflichtungen des Erben, er wird auch als Erbe Eigentümer der dem Verstorbenen gehörenden Gegenstände.
Häufig wird jedoch in Testamenten keine klare Regelung getroffen, wer Erbe wird. Manchmal sprechen künftige Erblasser davon, dass bestimmte im Testament angeführte Personen bestimmte Dinge „erben“, hat aber damit gar nicht bedacht, dass viele der Regelungen, die er in sein Testament schrieb, rechtlich betrachtet nur Vermächtnisse sind. Er hat falsche Bezeichnungen gewählt. Dies führt immer wieder zu Prozessen.
Der Erbe hat, wenn Vermächtnisse verfügt werden, diese zu erfüllen. Wichtig ist deshalb, dass jeder in seinem Testament eine Person mindestens als Erben einsetzt, dem er dann etliche Vermächtnisse, die er erfüllt wissen will, vorgibt. So kann er beispielsweise einzelne Gegenstände seines Nachlasses an bestimmte Personen übertragen lassen.
Beispiel:
B. verstirbt und setzt meine Lebensgefährtin zu seiner Erbin ein, schreibt aber in sein Testament, dass diese seinen BMW an seinen Freund P. übergeben muss, sein Motorrad an seinen Freund K. übergeben muss, sein Klavier an die Grundschule des Ortes übergeben muss.
Diese Wünsche des Erblassers nennt man Vermächtnisse. Ein Vermächtnis ist dann zu erfüllen, wenn der Begünstigte das Vermächtnis auch geltend macht.
Konkret:
Der Freund P. muss also gegenüber der Lebensgefährtin ausdrücklich sagen, dass er den BMW haben will. Dann ist sie verpflichtet, den BMW ihm zu übertragen. Das Gleiche gilt für die anderen Vermächtnisnehmer und die denen zu übertragenden Gegenstände.
Ohne Geltendmachung des jeweiligen Vermächtnisanspruchs gegenüber dem Erben ist der Erbe nicht verpflichtet, von sich aus tätig zu werden. Er darf aber auch nicht anderweitig über diese Gegenstände verfügen. Der Vermächtnisnehmer hat 3 Jahre Zeit, sein Vermächtnis beim Erben anzumelden. Die Frist dazu beginnt am Ende des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist und von da ab 3 Jahre.
Beispiel:
Der Erblasser ist im Jahre 2000 verstorben, folglich tritt Verjährung des Vermächtnisanspruchs am 31.12.2023 ein. Würde der Vermächtnisnehmer erst im Jahre 2024 sein Vermächtnis geltend machen, könnte sich die Erbin darauf berufen, dass der Anspruch verjährt ist.
Selbst dann, wenn es nicht ganz klar ist, ob der Vermächtnisanspruch als Vermächtnisanspruch oder als Anspruch eines Miterben besteht, muss der Vermächtnisnehmer seinen Anspruch vorsorglich anmelden. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat mit einem Urteil vom 09.12.2022 (15 U 293/20) festgestellt, es nicht darauf ankommt, welche rechtlichen Rückschlüsse der Begünstigte zieht, sondern nur darauf, ob er seinen Anspruch rechtzeitig anmeldet. Es gibt genügend Möglichkeiten, um die Rechte eines Vermächtnisnehmers zügig zu sichern, auch wenn es noch einige mögliche Unwägbarkeiten im Nachlass gibt.
Entscheidend ist, dass der Erbe bzw. auch der Vermächtnisnehmer sich rechtlichen Rat eines qualifizierten Erbrechtlers sucht, statt abzuwarten, mit dem Risiko, dass Verjährung zu seinen Lasten eintreten kann. Nur der Rechtsanwalt kann hier die verschiedenen Möglichkeiten schnell erfassen und zu entsprechenden Schritten raten oder sie auch einleiten.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht und Arbeitsrecht und zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT) in Saarbrücken