Bei vielen Erbengemeinschaften entsteht nach dem Ableben eines Elternteils erheblicher Streit, wenn ein Elternteil gestorben ist, weil einer der Geschwister gepflegt hat.
Emilie M. ist verstorben und war 3 Jahre lang pflegebedürftig. Die in ihrer Nähe wohnende Tochter Monika hat gemeinsam mit einem Pflegedienst 3 Jahre lang die Mutter versorgt. Die beiden Geschwister Frank und Claudia wohnen mehrere 100 Kilometer weg. Sie haben keine Pflegeleistungen erbracht.
Die Mutter hat rund 100.000,00 € Erbe hinterlassen, Monika verlangt nun für die Zeit ihrer Pflegeleistungen für die Mutter einen finanziellen Ausgleich aus dem Nachlass. Die Rechtsgrundlage ist in § 2057 a BGB zu finden. Dort ist geregelt, dass ein Kind, das im erheblichen Maße ein Elternteil gepflegt hat – auch ohne dafür auf eigene Berufsausübung zu verzichten – einen Ausgleich aus dem Nachlass verlangen kann, wenn dadurch das Vermögen des Erblassers geschont wurde.
Die Frage ist immer nur: Wie hoch? Das Gesetz sieht vor, dass nicht der komplette Nachlass für solche Ausgleichsleistungen herangezogen werden kann. Je höher der Nachlass ist, desto mehr Spielraum besteht, dass derjenige von den Kindern, der die Pflege ausführte, etwas bekommt. Er muss möglichst auch belegen, welche Leistungen er/sie erbracht hat. Es ist nicht erforderlich, dass ein externer Pflegedienst ersetzt wird. Man kann auch zusätzlich erhebliche Leistungen erbringen, wie Einkäufe, Arztbesuche, Medikamentenbeschaffung, Arbeiten in der Erblasser-Wohnung, kochen, aufräumen, Wäsche waschen und vor allen Dingen auch Beistand leisten, beispielsweise durch Anwesenheiten, Nachtwachen im Haus etc. Das Spektrum ist groß. Wichtig ist in einem solchen Fall, dass der Pflegende ausreichend seine Arbeiten und Leistungen dokumentiert hat, am günstigsten durch ein sogenanntes Pflegetagebuch, welches detailliert geführt werden sollte.
Im konkreten Fall konnte Monika durch ein Pflegetagebuch nachweisen, 500 Stunden im ersten Jahr, 650 im zweiten Jahr und 900 Stunden im dritten Jahr für die Mutter an pflegerischen Leistungen erbracht zu haben. Dies macht zusammen 2050 Stunden aus. Ein angemessener Ausgleich besteht darin, eine Summe von ca. 12,00 € bis 15,00 € für diese Stunden ihr vorab zuzubilligen. Dies wären folglich ca. 25.000,00 € bis 30.000,00 €. Der Restbetrag des Erbes, folglich ca. 72.000,00 € würde dann durch 3 geteilt, wenn kein Testament eine andere Regelung vorsieht.
Monika erhielt dann 27.500,00 € vorab und jeder der Erben dann 1/3, d.h. ca. 24.100,00 €.
Häufig werden wegen solcher Pflegeleistungen die Gerichte bemüht, weil man sich nicht einigen kann. Wichtig ist deshalb, dass man auch bei solchen Differenzen sich frühzeitig fachlichen Rat eingeholt, den am besten ein Fachanwalt für Erbrecht geben kann. Er kann raten, was man vor dem Erbfall beachten sollte und auch solche Ansprüche durchsetzen.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht in Saarbrücken