Elke P. erlebte im September 2024, wie das Schicksal zuschlug. Erst kam ihr Vater bei einem Unfall ums Leben, 4 Wochen später starb ihre Mutter an einem Herzinfarkt, weil sie den Schock des unerwarteten Todes des Ehemanns nicht verkraftete.
Elke war die einzige Tochter von beiden. Die Eltern waren recht vermögend, der Vater hatte eine von seinen Eltern ererbte Eigentumswohnung im Eigentum im Wert von rund 200.000,00 €. Diese war vermietet. Beide Eheleute hatten ein gemeinsames Haus mit einem Verkehrswert von rund 400.000,00 € und die Eltern hatten gemeinsam Ersparnisse von rund 200.000,00 €.
Nach dem überraschenden Tode des Vaters war die Mutter testamentarische Alleinerbin. Beide Eltern hatten ein sogenanntes Berliner Testament. Folglich erbte die Ehefrau, nach dem Tode ihres Ehemanns die Eigentumswohnung im Wert von 200.000,00 €, die Hälfte des Bankvermögens in Höhe von 100.000,00 €, da ihr die andere Hälfte mitgehörte sowie die Hälfte des gemeinsam von ihnen bewohnten Hauses, folglich 200.000,00 € im Wert.
Der Nachlasswert des Ehemanns betrug so 500.000,00 €.
Die Ehefrau hat einen Erbschaftsteuerfreibetrag von 500.000,00 € nach dem Tode des Ehemanns. Die Tochter hätte, sollte sie vom Nachlass des Vaters bereits profitieren, einen Freibetrag von 400.000,00 € nach dem Vater. Die Mutter erbte folglich rund 500.000,00 € von ihrem Ehemann und müsste wegen des Freibetrags keine Erbschaftsteuer entrichten. Allerdings erbte jetzt Elke das gesamte Vermögen der Eltern, nämlich 400.000,00 € mit dem Haus, 200.000,00 € als Bankvermögen plus 200.000,00 € Eigentumswohnungswert des Vaters, weil das gesamte Vermögen sich nun bei der nachverstorbenen Mutter angehäuft hatte.
Das gesamte Vermögen welches Heike dann erbte, betrug rund 800.000,00 €. Die Erbschaftsteuer als Tochter würde nach der Mutter rund 15 % ausmachen, d.h. aus rund 400.000,00 € über den Freibetrag hinausgehendes Nachlassvermögen. In der Steuerklasse I ergibt das 15 %. Die Erbschafsteuer, die Elke in diesem Fall entrichten müsste, würde sich nach der Mutter auf rund 60.000,00 € belaufen (15 % aus 400.000,00 €).
Würde die Tochter jetzt sofort in das Elternhaus einziehen und dort mindestens 10 Jahre wohnen bleiben, könnte sie den kompletten Wert des Hauses aus dem Nachlass heraus rechnen.
In diesem Fall müsste sie keine Erbschaftsteuer zahlen. 400.000,00 € (Hauswert) würden in diesem Fall vom Nachlasswert abgezogen werden können.
Würde sie nicht in diesem Haus wohnen wollen, weil sie ein eigenes Haus hat oder in einem anderen Bundesland mit Familie wohnt, gäbe es auch eine Möglichkeit, auf andere Weise zu mindestens einen Teil der Erbschaftsteuer zu vermeiden. Sie könnte nämlich, weil sie nach dem Tode des Vaters durch das Testament enterbt war, da die Mutter alleine erbte, aus dem Vermögen des Vaters ihren Pflichtteil gegenüber dem Nachlass ihrer Mutter geltend machen. Sie ist zwar auch Erbin der Mutter, aber dann würde sich dieser Anspruch gemeinsam in ihr vereinigen.
Der Pflichtteil nach dem Vater wäre die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, folglich ¼ des von der Mutter vom Vater ererbten Vermögens. Oben wurde errechnet, dass das Vermögen des Vaters zusammengenommen rund 500.000,00 € ausmachte. ¼ davon sind dann 125.000,00 €. Sie dürfte sich also 125.000,00 € unter Verrechnung auf den Pflichtteil des Vaters entnehmen. Damit würde damit das zu versteuernde Erbschaftsvermögen nach der Mutter um diesen Betrag reduziert werden, so dass sie nur noch 675.000,00 € Vermögen nach der Mutter erben würde. Damit rutscht sie in eine niedrigere Steuerprogression mit noch 11 % Steuerlast und müsste folglich 30.250,00 € an Erbschaftsteuer bezahlen.
Bei dieser sehr legalen Vorgehensweise, hätte Elke also rund 29.750,00 € Erbschaftsteuer gespart.
An diesem Beispiel sieht man, wie wichtig es ist, nach Erbfällen, auch dann, wenn nur ein Alleinerbe verbleibt oder Geschwister sich grundsätzlich einig sind, sich sehr sorgfältig auch bezüglich der Erbschaftsteuer beraten zu lassen. Fachanwälte für Erbrecht sind meistens auch in der Erbschaftsteuer bewandert. Nicht nur der Streitfall unter Erben sollte folglich zu einer entsprechenden Beratungsinanspruchnahme durch einen Fachanwalt für Erbrecht führen, sondern auch in etlichen Fällen, in denen ein Alleinerbe oder auch Erben, die sich bei größeren Erbschaften eigentlich grundsätzlich einig sind, müsste man sich hier profund beraten lassen.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht und Arbeitsrecht und zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT) in Saarbrücken