Erbschaftsteuer-/Schenkungssteuererhöhung ab 2023
Kurz vor Jahresende wird bekannt, dass die Immobilienbewertung bei Erbschaften und Immobilienschenkungen, beträchtlich steigen werden, was zur Folge hat, dass die Erbschaftsteuer wesentlich höher ausfallen kann bzw. erstmals Erbschaftsteuer anfallen könnte, weil die Freibeträge überschritten werden.
Beim Erben und Schenken gibt es sogenannte Freibeträge, die vom Verwandtschaftsgrad abhängig sind. Der Ehegatte hat 500.000,00 € Freibetrag bei Schenkungen (alle 10 Jahre) bzw. einer Erbschaft.
Kinder haben einen Freibetrag von jeweils 400.000,00 €, Enkel einen Freibetrag von 200.000,00 €, Eltern und Großeltern einen Freibetrag von gerade einmal 100.000,00 € und alle übrigen Erben einen Freibetrag von nur 20.000,00 €.
Wenn also an eine Person, mit der er nicht durch Heirat oder durch Blutsverwandtschaft gerader Linie verwandt ist, eine Immobilie vererbt oder verschenkt, löst bereits ab einem Immobilienwert von 20.000,00 € aufwärts eine Steuer von 30 % des Mehrwertes aus.
Auch trotz der Freibeträge der Kinder oder Ehegatten kann es im Jahre 2023 zu erhöhter Erbschaftsteuer kommen bzw. erstmals Erbschaftsteuer wegen Überschreitung der Freibeträge anfallen, weil die Bewertung der Immobilien sich ändert.
Bekanntlich sind die Immobilien in den letzten 10 Jahren durch die erhöhte Nachfrage und die günstigen Zinsen im Wert gestiegen. Je nach Lage einer Immobilie kann dies erhebliche Mehrwertbeträge ausmachen. Dies hat der Gesetzgeber jetzt zum Anlass genommen, die Bewertungsmethoden für Immobilien im Erbfall bzw. Schenkungsfall zu verändern und zwar dahingehend, dass davon auszugehen ist, dass durchschnittlich etwa um die 30 % – 40 % die Immobilien höher von den Finanzbehörden bewertet werden, als bisher. In Einzelfällen kann es noch deutlich höher sein. In jedem Fall werden jetzt etliche Erben erstmals Erbschaftsteuer zahlen müssen, wenn sie eine Immobilie erben oder andere Erben werden deutlich höhere Erbschaftssteuern als bisher zahlen müssen.
Beispiel:
Ist ein Haus mit 350.000,00 € bisher bewertet worden, musste ein Kind mit einem Freibetrag von 400.000,00 € keine Erbschaftssteuer zahlen. Würde jetzt diese Immobilie mit 40 % höher bewertet werden, läge der Immobilienwert bei rund 490.000,00 €, so dass ein Kind bereits aus 90.000,00 € Erbschaftsteuer nur für diese Immobilie bezahlen müsste, konkret in diesem Fall, wenn sonst nichts in das Erbe fallen würde, eine Summe von ca. 6.500,00 € – 10.000,00 €. Wäre die Immobilie ursprünglich 450.000,00 € Wert gewesen und würde die Immobilie jetzt mit 620.000,00 € bewertet werden, müssten 220.000,00 € mehr der Erbschaftsteuer unterzogen werden. Je nach Steuerklasse kann dies beträchtliche Beträge ausmachen. Eine Eigentumswohnung mit einem Wert von ursprünglich 120.000,00 € würde beispielsweise an den Lebensgefährten bisher 36.000,00 € Erbschaftsteuer auslösen. Wenn dieser Immobilienwert jetzt auf 170.000,00 € erhöht würde, müssten vergleichbar 51.000,00 € Erbschaftsteuer im Einzelfall gezahlt werden, d.h. 15.000,00 € mehr.
Fachleute befürchten, dass die Finanzbehörden jetzt deutlich höhere Werte schätzen. Dem einzelnen Erben oder Beschenkten bleibt dann nur die Möglichkeit, ein eigenes Sachverständigengutachten auf eigene Kosten einzuholen mit Ziel, der Finanzbehörden nachzuweisen, dass die Bewertung der Behörde zu hoch ausgefallen ist. Allerdings muss man natürlich immer wieder hierbei eine Kosten-/Nutzenrechnung aufstellen, da ein Gutachten auch erhebliche Kosten verursachen kann. Deshalb ist durchaus überlegen, ob man nicht Immobilien zu Lebzeiten, verbunden mit einem Nießbrauch bereits überträgt oder auch einen Nießbrauch im Erbfall verfügt, weil durch derartige Rechte der Übertragungswert teilweise nicht unerheblich absinken kann.
In allen Erbfällen ist es deshalb dringend geboten, auch im Hinblick auf die Erbschaftsteuer sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten zu lassen, wenn Entscheidungen anstehen.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht und Arbeitsrecht und zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT) in Saarbrücken