Franziska F. hatte eine Mietimmobilie mit vier Wohnungen. Zudem besaß sie ein von ihr bewohntes Haus. Sie verstirbt, ohne dass sie verheiratet war oder Abkömmlinge hatte. In den letzten Jahren hatte sie mehrere Testamente verfasst, teilweise beim Notar, teilweise privatschriftlich, zum Teil widersprachen sich diese Testamente und brachten keine Klarheit. Wer war Erbe geworden? Einmal beanspruchte ein gemeinnütziger Verein ihr Erbe zu sein, zum anderen ein Neffe, dann wieder ein guter Freund der Familie. Es zeichnete sich bereits frühzeitig ab, dass die Erbfolge unklar war und wohl gerichtlicher Entscheidungen bedurfte. Wer kümmerte sich in der Zwischenzeit jedoch um Mietimmobilie und das Haus der Erblasserin? Das Amt der eingesetzten Betreuerin endete mit dem Tod der Betreuten.
Für einen solchen Fall ist es vorgesehen, dass auf Antrag das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen kann. Ein solcher vom Gericht eingesetzter Nachlasspfleger kann mitunter mehrere Jahre tätig sein, bis feststeht, wer tatsächlich rechtsverbindlich Erbe geworden ist. Dann wird der Nachlasspfleger den Erben das Erbe übergeben.
Die Aufgaben des Nachlasspflegers bestehen darin, alle notwendigen Regelungen, die den Nachlass betreffen vorzunehmen. Bei Mietwohnungen beispielsweise könnte er den Mietvertrag eines Verstorbenen wirksam kündigen und den Haushalt auflösen. So kann der Nachlasspfleger Verträge mit Energielieferanten kündigen, kann notwendige Angelegenheiten bei Banken regeln. Nachlasspfleger ist der vom Gericht eingesetzte „Verwalter“ eines Nachlasses, solange bis feststeht, an wen er das Erbe übergeben kann. Konkret konnte der Nachlasspfleger folglich in dem Mietshaus der Franziska F. Verträge abschließen, Kündigungen entgegennehmen, Nebenkostenabrechnungen mit Mietern vornehmen, Mieter anmahnen oder auch Mietverträge kündigen. Er konnte bezüglich des Einfamilienhauses gärtnerische Arbeiten erbringen lassen, sich um die Zahlung von Grundsteuern und Versicherungsbeiträgen kümmern, etc.
Ein solcher Nachlasspfleger darf folglich alle notwendigen Regelungen vornehmen, ist dem späteren Erben gegenüber natürlich zur Rechenschaft über alles, was er veranlasst hat, verpflichtet. Manchmal helfen Nachlasspfleger dabei unbekannte Erben zu finden. Stellt der Nachlasspfleger fest, dass der Nachlass völlig überschuldet ist, kann er auch für den unbekannten Erben das Erbe ausschlagen. Der Nachlasspfleger darf nichts verschenken, jedoch alles Notwendige regeln.
Wie wird er vergütet? Die Höhe der Vergütung hat nach Stunden seiner Tätigkeit, über die er Rechenschaft ablegen muss, zu erfolgen. Je nach seiner Qualifikation erhält ein Nachlasspfleger aus dem Nachlass/Erbe zwischen 90,00 € und 150,00 € je Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer. Ist der Nachlass ohne Wert oder verschuldet, bekommen Nachlasspfleger eine Vergütung aus der Staatskasse, allerdings max. 39,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer für jede nachgewiesene Stunde.
Der Einsatz eines Nachlasspflegers könnte vermieden werden, wenn Testamente eindeutig sind, wenn überhaupt ein Testament errichtet wird, welches die Erbfolge regelt und man nicht alles dem späteren Zufall überlässt. Bei der Errichtung von Testamenten und zur Vorbereitung von Erbverträgen helfen Fachanwälte für Erbrecht mit ihrer Erfahrung in Theorie und Praxis, um klare Erbrechtsverhältnisse zu schaffen.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht in Saarbrücken