Der Saarbrücker Erbrechtspezialist Rechtsanwalt Marwin H. Roth erläutert, wie der Begriff „Bargeld“ in einem Testament von den Gerichten ausgelegt wird.
Konkret handelt es sich um einen Fall, der vom OLG München im Frühjahr 2022 entschieden wurde. Der Verstorbene hatte in seinem Testament geschrieben: „Mein Erbe soll mein vorhandenes Bargeld in 10 Teile aufteilen und an die folgenden Personen auszahlen:“ Hier folgten dann 10 Namen. Zwischen einem der Betroffenen, der als Vermächtnisnehmer bezeichneten Personen und dem Erben entstand Streit, was alles als Bargeld anzusehen ist. Deshalb klagte der Vermächtnisnehmer vor den Münchner Gerichten. Der Kläger war der Auffassung, dass das unter dem Begriff „Bargeld“ man nicht nur die tatsächlich, beispielsweise in der Wohnung oder in einem Tresor vorhandenen Geldscheine und Geldmünzen ansehen dürfe, sondern auch das vorhandene „Buchgeld“ auf Bankkonten oder Sparkassen. Damit sind also z.B. Sparguthaben gemeint.
Die Richter waren gezwungen, den Begriff „Bargeld“ in dem streitigen Testament auszulegen. Hierbei stellte sich heraus, dass die Verwendung des Begriffs „Bargeld“ nicht unproblematisch ist, da der Begriff sowohl so verstanden werden kann, dass lediglich vorhandenes Münzgeld und Geldscheine damit gemeint sind oder aber auch bei der Bank angesparte Gelder, sogenannte Buchgeldwerte. Eine klare Unterscheidung in der generellen Bedeutung dieses Wortes gibt es nicht.
Die Richter taten es sich nicht leicht mit ihren Auslegungen. Sie mussten den wahren Willen, des Verstorbenen versuchen nachträglich festzustellen. Zwei denkbare Lösungen gab es:
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Nur die tatsächlich vorhandenen Geldscheine und Geldmünzen oder
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auch zusätzlich sogenanntes angespartes Geld auf der Bank
waren gemeint.
Was meinte der Erblasser?
Konkret kamen die Richter dann zu der Frage, wie die Lebensverhältnisse des Verstorbenen waren, ob er in geschäftlichen Angelegenheiten erfahrener war oder ein einfacher Laie. Bei einem geschäftlich Erfahrenen setzte das Gericht voraus, dass eine solche Person den Begriff „Bargeld“ nicht auch für bei der Bank angespartes Geld verwendet hätte. Bei einem geschäftlich unerfahrenen Laien könnte man dies annehmen, dass er das nicht unterscheiden könnte. Die Anordnung des Vermächtnisses in dem fraglichen Testament war sehr weit unten, nach der Verteilung von Schmuck ausgeführt. Deshalb sprach bei der Auslegung des Testaments nach Auffassung der Richter vieles dafür, dass man wohl eher nicht davon ausgehen kann, dass er auch Sparguthaben damit meinte, weil Bankguthaben in der Bedeutung seines Vermögens höher als der Schmuck einzuordnen war.
Die Richter kamen deshalb zu dem Ergebnis, dass im konkreten Fall der Begriff „vorhandenes Bargeld“ im Zweifel nur dasjenige meinen würde, was in Scheinen und Münzen in der Wohnung oder in einem Schließfach oder Tresor vorhanden war, als der Erblasser starb. Der Kläger war mit seiner Klage nicht erfolgreich, weil ihm die Sparguthaben nicht zugesprochen wurden.
Der Saarbrücker Fachanwalt für Erbrecht Marwin H. Roth weist in diesem Zusammenhang darauf hin, wie wichtig es ist, in Testamenten die Bezeichnungen und Wünsche sehr genau und präzise zu bezeichnen, damit es erst gar nicht zu solchen Missverständnissen und Auslegungsfragen kommen kann. Wird also geschrieben: Vorhandenes „Bargeld“ und zusätzlich aufgeführt „bei Bank oder Sparkasse angespartes Vermögen“, ist es klar, was gemeint ist.
Im konkreten Fall war das vom Erblasser nicht so formuliert worden. Umso wichtiger ist es, dass man dem Rat des Erbrechtspezialisten folgt, sich bei der Abfassung von Testamenten sich von Fachanwälten beraten zu lassen, die sehr genau unterscheiden können, wie missverständlich einzelne Formulierungen sein können. Jedes Missverständnis oder Unklarheit ist in einem Testament zu vermeiden, damit spätere Streitereien und Prozesse vermieden werden.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht und Arbeitsrecht und zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT) in Saarbrücken